Giro della Dolomiti 2010
- 10-tägige D
olomitenrundfahrt -

Die diesjährige grosse Tour führt uns durch die Dolomiten. Wir entfliehen dem unbeständigen Wetter der Alpennordseite und starten in Südtirol, in Mühlbach bei Brixen. In 6 Tagen werden wir bis zum Monte Grappa gelangen, wo wir kehrt machen und durch die Berge wieder zurück zum Ausgangspunkt fahren. Nach dieser Tour werden wir nicht nur unvergessliche Eindrücke gesammelt haben, sondern auch knapp 700 km und 21000 HM mehr auf dem Tacho stehen haben.

1. Tag, Sonntag, 1.08.2010

Wir starten bei bestem Wetter gen Süden, bzw. gen oben. Denn erst geht es mal über tausend Meter bergauf. An der Roner - und Starkenfelder Hütte vorbei, um die Grünfelder Alm herum (Biker unerwünscht) bis zu den Glittner Seen, ähm Tümpeln. Immerhin versucht  ein Schwanenpaar sich in dem Tümpel wohlzufühlen. Ohne Wegweiser bis zum Col Dalle und auf Trails zum Lüsner Joch. Auf weiteren Auf- und Abtrails sind wir bald an der Mauraberg-Hütte, unserem heutigen Ziel. Wir sind zeitig dran und geniessen den fantastischen Dolomitenrundblick beim ersten Urlaubsbier. Wir sehen schon den Hl. Kreuzkofel und das Hospiz, an dem wir morgen sein werden. Später kommen noch weitere Biker an.

 

2. Tag, Montag, 2.08.2010

Auf steiler Piste geht es abwärts und gleich wieder auf Strasse hinauf zum Würzjoch und weiter zum Göma. Hier muss man kurz schieben. Eine weitere Biker-Gruppe ist auch gerade dabei, schiebend das Joch zu erreichen. 'Griaß aich' und weiter. Bald sind wir in Badia, und suchen die beste Auffahrt zum Hl. Kreuz Hospiz. Der WW 7A ist unsere Wahl. Und hier gilt die Formel "WW 7A = sehr, sehr steil". Ich würde lügen, wenn ich sage, wir sind alles gefahren. Aber dennoch mehr als ich zunächst gedacht habe. Nur wenige Meter müssen wir schieben. Im Hospiz angekommen füllen wir die Trinkflaschen auf, es ist wieder super heiss heute. Nun folgt mit dem WW15 ein super klasse Traumtrail hinunter nach St. Kasian. Wir kennen den Weg schon von einem früheren Alpencross. Komplett fahrbar, und mit klasse Flow geht es hinab. Von St. Kasian geht es lange und anstrengend hinauf zum Pso Valparola und zum Falzarego. Nach kurzer Abfahrt biegen wir rechts ab und gelangen nach einigen Höhenmetern zu unserer heutigen Übernachtung, dem Rif. Scoiattoli, am Fusse der Cinque Torri, den beeindruckenden 5 Felstürmen, die einfach so in der Landschaft stehen, als hätte ein kleiner Riese seine Bauklötze vergessen.

 

3. Tag, Dienstag, 3.08.2010

In der Nacht stürmt und regnet es heftig. Am Morgen sieht es nicht viel besser aus. Aber bis wir mit dem Frühstücksbuffet fertig sind, ist das Wetter wieder bike-freundlich und wir radeln los, die letzten Meter hinauf bis zum Rif. Averau, welches gerade umgebaut wird. Von oben folgen wir dem WW441. Ein super Trail, flowig, keine Schiebestücke, perfekt. Nur sehen wir schon das nächste Gewitter aufziehen. Egal. Wir geniessen den kurvigen Trail auch bei Nässe. Das Gewitterzentrum zieht zum Glück in einiger Entfernung vorbei und wir kriegen nur ein paar Tropfen ab. Auf immer noch genialem Trail gelangen bis hinunter nach Andraz. Auf Strasse geht es weiter nach Pescul und ab hier mittlerweile wieder bei bestem Wetter hinauf zur Cima Vertazza. Den Schildern 'Civetta Superbike' folgend, finden wir abermals super Trails Richtung Alleghe.

Civetta, das ist das riesige Massiv, auf das wir ehrfürchtig von unserem Vesperplatz hinaufschauen. Da wollen wir morgen oben sein, hmm, ich bin etwas skeptisch....kein Weg, kein Steig zu sehen, nur Geröll und Fels. Auf halber Höhe verlassen wir die Trailabfahrt bei Coi und fahren wieder hinauf zu unserer nächsten Übernachtung, dem Rifugio Coldai. Die letzten 400 hm müssen wir schieben und auch kurz tragen. Der heutige Abendregen kommt zum Glück erst nach uns an der Hütte an.

 

4. Tag, Mittwoch, 4.08.2010

Wir starten früh, wir wissen ja nicht so recht, was uns bei der Durchquerung des Civetta-Massivs erwartet. Das Wetter ist perfekt. Wir folgen der Alta via Dolomiti. Der Trail ist super, die fahrbaren Abschnitte sind einmalig.

Vor allem das Panorama unter dem rechten Lenkerende und die steile Felswand am linken Lenkerende sind beeindruckend. Dennoch wird der Trail mit der Zeit sehr anstrengend, da die Fahrt sehr oft durch Schiebestellen unterbrochen wird. Aber bald haben wir den Abzweig zum Rifugio Tissi erreicht, ab dem dann wieder nahezu alles fahrbar ist. Die Knipserei hat uns bestimmt mehr aufgehalten als die Schiebestellen. In schneller Schotterabfahrt geht es dann das Tal hinaus nach Listolade, rechts auf Strasse und am Stausee bei Campo vorbei hinauf nach Falcade und weiter zum Pso Valles. Kurz runter und wieder hinauf zum Pso Rolle. Im Rifugio Capioli bekommen wir ein Zimmer.

 

5. Tag, Donnerstag, 5.08.2010

Für heute ist Regen angesagt. Und leider stimmt die Wettervorhersage. Zunächst bleibt es trocken, und wir fahren durch St. Martin hinauf zum Pso. Tognola. Der nun folgende Trail ist bei Trockenheit bestimmt schon ein rießen Sch.... Jetzt bei einsetzendem Regen sind viele Stellen schlichtweg unfahrbar. Entweder besteht der Untergrund aus Schlamm in dem man zu versinken droht, oder aus super glitschigen Steinen, die bei Nässe schon zu Fuss ein Abenteuer sind. So schieben wir viel bergab, weiter unten im Wald ist zum Glück wieder einiges fahrbar. Mittlerweile regnet es sehr gleichmässig und ohne unterlass. Ohne bei den nächsten Abzweigen auf die Karte zu schauen, rollen wir der Schotterpiste und den Fahzeugspuren folgend ins Tal. Wir wollen nur raus aus dem Mistwetter. Im Tal regnets zwar noch mehr, aber es ist zumindest wärmer. Wir stellen uns bei der Kirche unter. Aber der Regen will nicht weniger werden. Nach knapp einer Stunde fahren wir trotz Regen weiter nach Gobbera. Eigentlich war heute noch der Mte Totoga geplant. Bei dem Wetter können wir das aber vergessen. Das Albergo auf der Passhöhe ist nur noch eine Bar, und wir sind gezwungen, 400 hm ins Tal zu fahren, die wir morgen früh wieder heraufstrampeln werden. Im Hotel Bivio bekommen wir ein Zimmer, nachdem wir eine ganz schöne Pfütze an der Rezeption und im Aufzug hinterlassen haben.

 

6. Tag, Freitag, 6.08.2010

Nach dem gestrigen Mistwetter freuen wir uns, dass heute wieder die Sonne scheint. Auf den 400 hm die wir gestern heruntergekommen sind liefern wir uns gleich ein morgendliches Bergrennen mit einem einheimischen Biker. Am gestrigen Albergo biegen wir ab auf den Wanderweg und bald ist Schluss mit fahren, der Weg wird zu steil. So müssen wir einige hundert Höhenmeter schieben bis wir endlich am Gipfel des Mte. Totoga angekommen sind. Naja, ein mini Kreuz, kaum Aussicht, aber dafür ein klasse Abfahrtstrail erwarten uns.

Auf unzähligen Kehren geht es dann ganz ins Tal hinab, wo wir auf Asphalt Richtung Süden steuern. In Frasene holt uns wieder ein Gewitter ein und wir nutzen den Regen für eine Vesperpause. Erst über die historische Hängebrücke geht es bald steil und fast endlos hinauf zum Monte Grappa. Der Schotteranstieg im Wald zieht sich ewig. In weiterem Auf und Ab erreichen wir auf Asphalt das Rifugio Forceletto, das wir für unsere heutige Übernachtung auswählen.

 

7. Tag, Samstag, 7.08.2010

Wir folgen dem alten Militärweg zum Croce del Lebe. Kiegshinterlassenschaften und Schützengräben säumen den Weg und bald sind wir oben auf dem Monte Grappa. Waren wir schon mehrmals hier, ist es nun das erste mal, dass wir bei fantastischem Wetter einen grandiosen Ausblick bis hinunter an die Adria geniessen dürfen. Es ist immer wieder beeindruckend, wie unmittelbar hier das Gebirge in absolut flaches Gelände übergeht.

Und auch dieses mal nehmen wir den Traumtrail, den WW 153 hinunter nach San Liberale. Letztes mal bei strömendem Regen heute bei allerbesten Bedingungen. Trotzdem ist Vorsicht geboten, denn auf der Talseite geht es oft mehrere hundert Meter nahezu senkrecht in den Abgrund. Alle Zutaten sind somit vorhanden um das Trailfieber auszulösen. Enge Kehren, Stufen, grobe Steine, Wurzeln, kleine 'Kopfeinzieh'-Tunnels, höchste Konzentration ist gefordert. Am Ende des Trails sind wir völlig high und die Bremsen dafür knalle heiss. Auf der Strasse fahren wir bis Feltre, wo wir unseren Reiseproviant auffüllen, morgen ist Sonntag. In Saranzano biegen wir ab in das Valle Ganzoi. Wir fahren hinauf zum Pso Finestra, und der erste Gang bleibt nun für die nächsten 2 Stunden eingelegt. Steil geht es bergan und immer steiler. Angenehm im schattigen Wald führt der Weg schier endlos hinauf über die Baumgrenze. Am Schluss muss noch ein wenig geschoben und getragen werden. Und wer glaubt, ab der Passhöhe kann er alles fahren, der hat sich gewaltig geschnitten. Ein ziemlicher Gerümpeltrail erwartet uns. Das Rifugio Boz für unsere heutige Übernachtung kann man schon sehen, aber es dauert noch fast eine dreiviertel Stunde bis wir da sind. Rauf und runter, schieben, tragen, Matschlöcher ausweichen, es gibt kein Stück. Irgendwann sind wir dann doch da und freuen uns heute ganz schön auf das Abendessen.

 

8. Tag, Sonntag, 8.08.2010

Wir starten früh, die Hütte liegt noch im kühlen Schatten der Berge. Bis wir die Schotterpiste erreichen ist der Trail gut fahrbar und mit hoher Geschwindigkeit geht es nun das Tal hinaus. Ein paar lange Tunnels fordern gleich höchste Konzentration. Zappenduster und nur der weit entfernte Ausgang ist als kleiner Lichtfleck zu sehen. Der längste der Tunnels kann umfahren werden, was wir aber erst danach bemerken. Die restliche Strecke ist unspektakulär und führt uns über Tonadico, den Pso. Cereda, La Valle, Forno di Zoldo bis zum Pso. Cibiana, wo wir im Rifugio an der Strasse übernachten.

 

9. Tag, Montag, 9.08.2010

Am Pso. Cibiana ist alles im Zeichen des 'Messner Mountain Museums'. Der bekannte Alpinist hat auf dem nahegelegenen Mte. Rite eines seiner vier Alpinmuseen errichtet. Wir sind früh unterwegs, um vor den Shuttlebussen oben zu sein. Die 700 hm sind schnell geschafft und wir geniessen eine herrliche Rundumsicht vom Dach des Museums. Als die ersten Busse die Touristen ausladen 'flüchten' wir auf den WW 478. An grasenden Yaks vorbei geht es auf schmalem Singletrail erst am Hang entlang, dann sehr steil bergab. Teilweise müssen wir schieben, da stellenweise der Trail nicht von einem Bachbett zu unterscheiden ist. Auch versperren umgestürzte Bäume ein weiterkommen und müssen in steilem Gelände umgangen werden. Ohne Rad sicher einfacher, als immer das sperrige Bike durchs Unterholz zerren zu müssen. Zu guter Letzt waren auch noch Holzmacher am Werk und wir brechen uns schier die Beine beim Durchschreiten derer Hinterlassenschaften. Irgendwann rollts dann wieder. Und wie! Wir gelangen auf ein Teersträßchen, das an Steilheit wohl nicht zu überbieten ist. In Vodo Cadore angekommen lassen wir erst mal die Bremsen abkühlen und füllen unsere Flaschen auf. Bisher war es entgegen unserer Annahme alles andere als eine lockere Abfahrt auf Genusstrail. Auf Strasse geht es erholsam weiter über Pieve d.Cadore zur Cma. Cogna. Hier biegen wir rechts ab auf die für den Verkehr gesperrte Strasse am Fluss Piave entlang. Auf der Strasse tut man gut daran, auf den Belag zu achten, denn teilweise sind metergrosse Löcher im Asphalt. Nachts oder in der Dämmerung nicht ganz ohne.

In Sega Digon biegen wir dann rechts ab in den letzten Anstieg des Tages. Hier im Val Digon begleitet uns immer das Plätschern des gleichnamigen Baches. Die anstehenden rechnerischen 1300 hm lassen uns nicht lange Pause machen und wir drücken auf die Tube. An der letzten Alm füllen wir unsere Flaschen und es geht weiter. Immer aufwärts dem Kniebergsattel entgegen. Wir treffen Wanderer und seit langem wieder andere Biker. Auf coolen Trails geht es in ständigem Auf und ab und auch mit vielen anstrengenden Schiebepassagen zum Roteck. Von hier queren wir hinauf zum karnischen Höhenweg. Das Wetter ist heute perfekt und wir knipsen viel. Die tiefstehende Sonne über den Sextner Dolomiten ergeben eine atemberaubende Szenerie.

So vergeht die Zeit wie im Fluge. Nach jeder Ecke hoffen wir, unser heutiges Ziel, die Silianer Hütte zu sehen. Aber unsere Ausdauer wird mehrmals auf die Probe gestellt, immer geht es noch um eine weitere Felsverwerfung herum. Der Höhenweg belohnt unsere Mühe zum Glück mit ständigen super flowigen Passagen. Trotzdem sind wir anständig platt und froh, endlich kurz vor Sonnenuntergang an der Hütte zu sein. Die anderen Gäste sind gerade beim Abendessen und wir setzen uns direkt an den Tisch. Bei köstlichen Klößen und einem anständigen Rotwein lassen wir die harte aber schöne 3000 hm Etappe revue passieren.

 

10. Tag, Dienstag, 10.08.2010
Heute lassen wir die Tour gemütlich ausklingen. Erst folgen wir dem Karnischen Höhenweg zur Hahnspielhütte und weiter auf der in der Karte verzeichneten MTB Strecke nach Toblach. Wir fahren den gut ausgeschilderten Radweg bis nach Bruneck und weiter bis nach Mühlbach, wo wir das Auto unversehrt vorfinden.

 

Ach ja, um vergebliche Nachfragen zu vermeiden: da wir noch 'altmodisch', oder nennen wir es 'klassisch', mit Papierkarten unterwegs sind, gibt es keine GPS Tracks von der Tour.

 

Helmut Hägele, Siegfried Hügler - August 2010

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