Erfahrungsbericht von Chris Herrlinger.
Rennen mit leichten
Erschwernissen
Schon lange hatte ich große Vorfreude auf dieses schöne Rennen mit
Top Organisation und wunderschöner Landschaft. Reini und ich hatten
uns schon früh, wie im Vorjahr für die 77 km Strecke mit 2200 hm,
angemeldet. Unser Steinheimer Freund Markus Läpple ebenso, der seit
Jahren am Ultra-Bike teilnimmt. Alles sprach dafür, dass es wieder
ein ultra-tolles Bike-Marathon-Wochenende wird.
Wenige Tage vor dem Rennen tun sich bei mir unerwartete
´Erschwernisse´ auf. Mein Arbeitgeber fordert, dass ich genau an
diesem Renn-Sonntag noch Abends in den Iran fliege!? Abflug von
Frankfurt um 18:05, der Chef kommt direkt von München. Na dann
Prost. Was tun? Das Rennen komplett absagen? Nur Hinfahren und
Zuschauer sein?! Kommt nicht in die Tüte!! Dieses Rennen lasse ich
mir von niemand nehmen, es erfordert allerdings wohl einiges an
Sonderorganisation!
Also, zuerst hat mir mein Arbeitgeber einen großen Mietwagen zu
besorgen, in den ein Bike mit Ausrüstung und das Reisegepäck geht.
Geplant ist, sofort nach Zieldurchfahrt zu duschen, Bike und
Klamotten zu Reini in den Ducato zu legen und dann ´Businesslike´ ab
nach Frankfurt zum Flughafen.
Soweit die ´coole´ Vorplanung.
Der Volvo V70 Kombi war pünktlich zur Stelle, Anreise Samstag Abend
nach Kirchzarten auf den Campingplatz, wo Reini und Markus mich mit
großer Freude begrüßen. Nach Detailschilderung meiner
Hardcore-Planung (sagte nicht einer Irren-Planung?) wurde die Runde
schon stiller. Was wäre bei Ausfall/ Sturz/ Krampf....??? Auf diese
Fragen hatte ich keine Antwort, weil man doch nicht negativ denke
sollte.... Der gute geschmackvolle rote Rennvorbereitungstrunk wurde
genüßlich getrunken. Die Stimmung stieg wieder. Es wurde früh ins
Zelt gekrochen.
Nach geruhsamer Nacht (Reini schnarcht wirklich nicht) ziemlich
zerfleddert aus dem Zelt gekrochen. Der nächtliche Regen war nur
Vergangenheit, wolkenlos begrüßt uns (wie 2006) der Schwarzwälder
Himmel. Kurzes Frühstück und ab zur Startanfeuerung der Ultra-120km
Fahrer. Danach Vorbereitung und kurzes Warmfahren mit Markus in
Kirchzarten. Dieses Jahr konnte ich wegen meiner
Vorjahresplatzierung schon in Block 26 starten, habe mich also schon
etwas nach vorne gearbeitet. Das sollte aber das letzte Vorarbeiten
des Tages bleiben.
Der Start verläuft prima, ich fahre mit meinem Block gut mit. Der
Anfang des ersten Anstieges wird zum unerwarteten Erlebnis. Trotz
scheinbar gutem Tritt fahren sehr viele Biker locker an mir vorbei?!
Was ist los? Am Bike liegt´s nicht, mein neues Hot Chili Zymotic
verrichtet artig seinen Dienst. Nach ca. 500 hm kommen erste Zweifel
an meinem irrsinnigen Vorhaben. Unterstrichen von leichtem Ziehen an
den Beinmuskeln. Na das kann noch heiter werden! Ab ca. 700 hm
werden die Bedenken zur vollen Krise, ich sehe mich schon Richtung
Kirchzarten zurückrollen. Kurz vor Ende des ersten Anstieges bei ca.
900 hm halte ich micht für total verrückt und fühle mich sehr sehr
einsam mit meinem Unternehmen ´Himmelfahrt´, obwohl hundere Biker um
mich herum sind. Im umnebelten Geiste sehe ich schon meinen Chef
wutentbrannt auf mich Einschimpfen und mit meinen Papieren winken.
Oh je, was machst Du hier eigentlich?
Die Durchfahrt Kirchzarten wird genossen, den Kinder gewunken,
abgeklatscht und melancholisch auf den See gestarrt. Hier war ich
schon im Urlaub, doch davon ist im Moment überhaupt nicht die Rede.
Stollenbach geht gut, mein ´Zaubertrank´ verhindert mal wieder
erfolgreich einen Krampf. Ich kurble mit den Langsamen mit, Risiko
und Geschwindigkeit sind heute für mich nicht existent. Nach
Oberried geht´s zügig runter, das ist ein echtes Highlight der
Strecke. Endlich mal Downhill und nicht Bergaufschinderei. Kurze
Freude an diesem Ultra-Tag.
Die Auffahrt bei Oberried ist wie immer eine totale Qual. In der
vollen Hitze auf Asphalt wird Meter um Meter hochgehechelt. Laufende
Biker mit Krämpfen schleppen sich parallel zu den Noch-Sitzenden
diesen Schinderbuckel hoch. Ich bin auch nicht schneller als ein
Krampfläufer neben mir und so geht es in Richtung Bergspitze. In
solchen Momenten darf man auf keinen Fall gefragt werden, ob man
nochmal einen Marathon fährt.
Oben geht mir auch noch durch Schaltfehler die Kette runter, das
Kettedraufwürgen ist die Krönung der Schinderei, zumal der
Krampfläufer früher als ich oben angekommen ist.
Kurz vor Zieleinfahrt kommen dann noch ein paar Short-Track-Irre an
mir vorbei, die mich wirklich fast vom Rad stoßen. Gut, dass niemand
meine inneren Flüche hört! Wahrscheinlich bin ich aber selber schuld
mit meiner Rumrollerei.
Endlich das Stadion, die Einfahrt ist toll, ich genieße die Ankunft.
Sehr glücklich Unfall- und Pannenfrei hier angekommen zu sein,
schaue ich mal beiläufig auf die Zieleinfahrts-Uhr und was lese
ich?????? 13:20!!!!!!!!!!!!!!
Das ist fast EINE Stunde später als geplant!!!!!!!!!!
In allergrößter Hektik schlage ich mich durch die Bikergruppen in
Richtung Campingplatz durch. Das Herz rast, wie während der gesamten
Rennerei nicht. Sollte ich jetzt doch noch den Flug verpassen?
Geduscht wird in 5 Minuten, das Auto in 2 Minuten ´gepackt´. Ein
Höllenritt auf der Autobahn schüttet mehr Adrenalin aus, als ich
sonst in 3 Jahren produzieren kann. Um 17:40 laufe ich in Terminal B
locker lächelnd auf meinen Chef zu, es ist Zeit für´s Boarding. Gut,
dass niemand meinen inneren Zustand erkennt.
Fazit:
Sowas mache ich nie nie wieder und ich bin überhaupt nicht cool,
sondern einfach nur bescheuertl!
Aber bereut habe ich es trotzdem nicht!
Chris Herrlinger
www.noBrakes.de
Website des Veranstalters:
http://www.ultrabike.de/
Chris Herrlinger
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